Die Entscheide vom Freitag, 1. Oktober
Schlussabstimmungen durch – Session beendet: Im Ständerat und im Nationalrat wurden alle in der Herbstsession bereinigten Vorlagen auch in den Schlussabstimmungen angenommen. Die beiden Räte haben damit die Herbstsession beendet.
Hier finden Sie einen Überblick über die wichtigsten Entscheide der Herbstsession.
Die Entscheide vom Donnerstag, 30. September
Parlament gibt Kohäsionsgelder frei: Die Schweiz kann den seit zwei Jahren ausstehenden Kohäsionsbeitrag in Höhe von 1.3 Milliarden Franken an die EU auszahlen. Die beiden Räte haben entschieden, die Rahmenkredite ohne neue Bedingungen freizugeben. Zwei Stunden debattierten die Ständerätinnen und Ständeräte am Vormittag über die Vorlage. Der Nationalrat stritt am Abend während anderthalb Stunden. Am Ende war das Verdikt deutlich: Mit 131 zu 55 Stimmen bei einer Enthaltung (Nationalrat) und 30 zu 9 Stimmen (Ständerat) stimmten die zwei Parlamentskammern der Freigabe der Kohäsionsmilliarde zu.
Dringliche Debatte zu Afghanistan: Der Nationalrat hat die Machtübernahme der Taliban in Afghanistan diskutiert. Zur Debatte standen auch die Auswirkungen auf die Schweiz. Linke Redner forderten, Menschen aus Afghanistan müssten in der Schweiz dauerhaft Schutz erhalten. Und die Schweiz müsse auch zusätzliche Menschen aufnehmen. Bundesrätin Karin Keller-Sutter entgegnete, man wolle keine falschen Signale aussenden – auch, damit sich Menschen nicht auf die gefährliche Reise nach Europa machten. Zudem gebe es derzeit keine grossen Flüchtlingsbewegungen aus Afghanistan. Diverse SVP-Redner warnten vor einem drohenden «Asylchaos» wie 2015.
Bessere Absicherung von Bäuerinnen: Das Parlament will Partnerinnen und Partner von Landwirtinnen und Landwirten besser absichern. So sollen die finanziellen Risiken von Bäuerinnen reduziert werden. Zudem sollen Ehegatten bei einer Scheidung für die Arbeit auf dem Betrieb entschädigt werden. In der Landwirtschaft sind besonders die Frauen oft in besonderem Masse finanziell von ihrem Partner abhängig. Eine Motion der ehemaligen BDP fordert eine entsprechende Gesetzesanpassung. Doe Motion wurde jetzt von beiden Räten an den Bundesrat überwiesen.
Massnahmen gegen Konkurs-Bschiss: Missbräuchliche Konkurse in der Schweiz sollen künftig schwieriger werden. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat entsprechenden Gesetzesanpassungen im Grundsatz zugestimmt. Wer mit einem Unternehmen Konkurs geht, kann vom Gericht schon heute ein Tätigkeitsverbot erhalten. Dieses soll künftig einfacher durchgesetzt werden können – etwa in dem auch die Handelsregister-Ämter darüber informiert werden. Wegen kleinerer Differenzen wird der Ständerat die missbräuchlichen Konkurse noch einmal diskutieren.
Ständerat will gegenüber China stärker auftreten: Der Ständerat ist der Auffassung, dass es einen verstärkten Austausch und ein koordiniertes Auftreten der verschiedenen Akteure aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft gegenüber China braucht. Er hat eine entsprechende Motion angenommen. Die Motion geht nun an den Nationalrat.
Keine zusätzlichen Abschaffungen bei der Stempelsteuer: Nachdem das Parlament in der Sommersession die Abschaffung der Stempelsteuer auf Eigenkapital beschloss, soll es keine weiteren Entlastungen geben. Die Stempelabgabe auf den Umsatz von inländischen Urkunden und auf die Zahlung von Lebensversicherungsprämien werden beibehalten. Keine einzige Fraktion im Nationalrat hat sich für eine weitere Abschaffung der Stempelabgaben stark machen wollen – und auch Finanzminister Ueli Maurer argumentierte dagegen. Der Entscheid, nicht auf die Vorlage für diesen Teil der Abschaffung der Stempelsteuer einzutreten, fiel mit 182 zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen.
Ständerat gibt Kohäsionsmilliarde frei: Der Ständerat ist dem Wunsch des Bundesrats nachgekommen, die sogenannte EU-Kohäsionsmilliarde freizugeben. National- und Ständerat hatten den zweiten Schweizer Beitrag an die östlichen EU-Mitgliedstaaten in Höhe von 1.3 Milliarden Franken bereits früher grundsätzlich verabschiedet, dabei aber entschieden, dass dieser erst geleistet werden kann, wenn die EU die diskriminierenden Massnahmen in anderen Bereichen zurücknimmt. Die EU machte seither keinen Schritt auf die Schweiz zu. Trotzdem stimmte die kleine Kammer der Freigabe nach zweistündiger Debatte mit 30 zu 9 Stimmen zu, auch um guten Willen gegenüber der EU zu schaffen. Heute Abend befasst sich der Nationalrat mit der Vorlage.
Lesen Sie die Argumente der Befürworter und Gegner hier.
Finanzierung von Erasmus Plus kommt in der Wintersession: Der Bundesrat soll dem Parlament in der kommenden Wintersession die Finanzierungsbotschaft für die Vollassoziierung an Erasmus plus vorlegen. Der Nationalrat hat als Erstrat eine entsprechende Motion angenommen – gegen den Willen der SVP. Mit der Motion will die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats (APK-N) die Vollassoziierung durch die Schweiz beschleunigen.
Erasmus plus ist das EU-Programm zur Förderung von allgemeiner und beruflicher Bildung, Jugend und Sport in Europa. Schweizer Studierende können mit dem Programm an EU-Universitäten ein Austauschsemester machen und die Leistungen an Schweizer Universitäten anrechnen lassen.
Die Entscheide vom Mittwoch, 29. September
Verlängerung von Klimaschutzmassnahmen: Diverse Klimaschutz-Instrumente sollen gemäss dem Nationalrat über das laufende Jahr hinaus weiterlaufen. Er hat dafür einer Gesetzesanpassung zugestimmt. Nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes durch das Stimmvolk im Juni laufen diverse Massnahmen Ende Jahr aus, darunter etwa Regelungen zur CO2-Abgabe für Unternehmen. Nun ist der Ständerat an der Reihe.
Lesen Sie hier, wie der Nationalrat debattierte.
Kantone für Durchsetzung der Mindestlöhne zuständig: Die Kantone sollen sich selbst um die Durchsetzung ihrer Mindestlöhne für aus dem Ausland entsandte Arbeitnehmer kümmern. Mit diesem Argument ist der Ständerat nicht auf eine Revision des Entsendegesetzes eingetreten, die eine nationale Regelung anstrebte. Sozialpolitik sei Kantonssache, hiess es im Rat. Derzeit ist die Handhabung nicht in allen Kantonen gleich: In einigen gelten Mindestlöhne, für alle, welche im Kantonsgebiet arbeiten, in anderen nur für diejenigen, welche gewöhnlich im Kanton arbeiten. Die Unterschiede dürften jetzt also bleiben. Der Ständerat trat nicht auf die Revision ein. Nun ist der Nationalrat an der Reihe.
Ausgesteuerte kommen nicht in Arbeitslosenstatistik: Ausgesteuerte Personen sollen wie bisher nicht in der Schweizer Statistik zur Arbeitslosigkeit erscheinen. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat oppositionslos abgelehnt, die eine Praxisänderung verlangte. Die kleine Kammer folgte damit dem Bundesrat. Wer kein Recht mehr auf Arbeitslosengeld habe, könne nicht gezwungen werden, sich erfassen zu lassen, sagte Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Mit dem Nein des Ständerats ist das Geschäft erledigt.
Parlamentarier und Bundesräte müssen Doppelbürgerschaft offenlegen: Doppelbürger im National- und Ständerat sowie im Bundesrat müssen ihre Staatsangehörigkeiten künftig offenlegen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer entsprechenden Vorlage zugestimmt. Angestossen hatte die Änderung der Parlamentsverwaltungsverordnung SVP-Präsident Marco Chiesa (TI) im Jahr 2018 mit einer parlamentarischen Initiative, der beide Kommissionen Folge gaben. Nun haben auch beide Räte der erweiterten Transparenz bei der Bekanntgabe der Staatsangehörigkeiten zugestimmt. Der Entscheid in der kleinen Kammer fiel mit 29 zu 12 Stimmen. Gegen die Vorlage wehrten sich SP und Grüne.
Stefan Blättler wird neuer Bundesanwalt: Erst bei der dritten Ausschreibung fand die Gerichtskommission einen valablen Kandidaten, nun hat die Vereinigte Bundesversammlung Stefan Blättler zum neuen Bundesanwalt gewählt – mit einem Glanzresultat von 206 von 208 gültigen Stimmen. Die Wahl des 62-jährigen Berner Polizeikommandants galt als sicher. Das Parlament folgte mit dem Entscheid dem Vorschlag seiner Gerichtskommission; diese hatte den parteilosen Blättler auf einem Einerticket zur Wahl empfohlen. Alle Fraktionen unterstützten die Kandidatur.
Der Jurist tritt die Nachfolge von Michael Lauber an, der im August 2020 nach nicht protokollierten Treffen mit Fifa-Boss Gianni Infantino und einer Fehde mit der Aufsicht zurücktrat. In der laufenden Session hat sich das Parlament dafür ausgesprochen, eine Reform anzupacken. Die Aufsichtsbehörde müsse gestärkt und die Leitung der Bundesanwaltschaft breiter aufgestellt werden.
Die Entscheide vom Dienstag, 28. September
Obligatorische Assistenzsysteme für Cars und Lastwagen im Alpentransit: Lastwagen und Cars sollen künftig nur noch auf Transitstrassen durch die Schweizer Alpen fahren dürfen, wenn sie mit modernen Fahrassistenzsystemen ausgerüstet sind. Auch der Ständerat begrüsst als Zweitrat eine entsprechende Gesetzesänderung. Umstritten war eine Ausnahmeregel für den Binnenverkehr. In der Gesamtabstimmung hiess der Ständerat das Gesetz mit 29 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmung.
Zertifikatspflichtspflicht «light» im Bundeshaus: Wer das Parlamentsgebäude betreten will, braucht im Prinzip künftig ein Covid-Zertifikat – muss also geimpft, getestet oder genesen sein. So will es nach dem Ständerat auch der Nationalrat, mit 146 gegen 27 Stimmen bei 17 Enthaltungen. Eine gewichtige Ausnahme gibt es aber, die der Ständerat eingefügt hat: Ratsmitglieder, die kein Zertifikat vorweisen können, erhalten trotzdem Zutritt, sofern sie eine Maske tragen. Das sei zwar nicht ganz konsequent, wurde eingeräumt, aber man wolle jetzt vorwärts machen, die Plexiglaswände abmontieren, und nicht noch Differenzen zwischen den Ratskammern ausräumen müssen. Somit kann die Zertifikatspflicht für den Zutritt zum Parlamentsgebäude am Samstag in Kraft treten.
Ständerat nimmt Veloweggesetz an: Der Ständerat hat als Erstrat das neue Veloweggesetz angenommen. Gestritten wurde lange – vor allem um die Planungsgrundsätze. Eine Minderheit befürchtete zu viele neue Verpflichtungen für die Kantone. Die Stimmbevölkerung hat 2018 das Bundesgesetz zu einem Veloweggesetz mit 74 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Der Bund erhält darin neu die Möglichkeit, Grundsätze für Velowegnetze festzulegen sowie Massnahmen der Kantone, Gemeinden und weiterer Akteure subsidiär zu unterstützen und zu koordinieren.
Mit dem Gesetz wird der Bundesbeschluss nun umgesetzt. Die SVP wollte die Vorlage zurückweisen, scheiterte aber. Der Ständerat hat am Schluss mit 38 zu 4 Stimmen der Vorlage zugestimmt. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat.
Lesen Sie hier, mit welchen Argumenten der Ständerat das Beschwerderecht für «Pro Velo» & Co. aus der Vorlage gestrichen hat.
Nationalrat gibt grünes Licht für Verrechnungssteuerreform: Der Nationalrat will die Verrechnungssteuer auf inländischen Zinserträgen weitgehend abschaffen und die Umsatzabgabe auf Schweizer Obligationen aufheben. Er ist auf die entsprechende Reform eingetreten. Rückweisungsanträge von links scheiterten deutlich. Der Bundesrat wollte mit einer Änderung des Verrechnungssteuergesetzes den Standort Schweiz für den Fremdkapitalmarkt stärken.
In den Details nahm der Nationalrat verschiedene Änderungen gegenüber der Fassung des Bundesrats vor. So soll auch die Verrechnungssteuer auf den Zinsen von indirekt über einen Schweizer Anlagefonds gehaltenen Obligationen abgeschafft werden, sofern diese Zinserträge separat ausgewiesen werden. Als nächstes beschäftigt sich der Ständerat mit der Reform.
Die Entscheide vom Montag, 27. September
Schlingerkurs gegenüber China: In das aktualisierte Freihandelsabkommen mit China soll keine Menschenrechtsklausel aufgenommen werden. Der Nationalrat hat einen Vorstoss, der dies verlangte, mit 102 zu 84 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt. Während der Bundesrat gegenüber China sehr zögerlich agiert, überweist das Parlament mittlerweile aber regelmässig chinakritische Vorstösse, so auch in dieser Session. Und die Reaktion kam postwendend: China hat die Gespräche über eine Erneuerung des Freihandelsvertrages sistiert.
«Lebenslang» soll nicht aufgeweicht werden: Das Parlament will die frühzeitige Entlassung bei einer lebenslangen Haftstrafe erschweren. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat eine entsprechende Motion angenommen. Wer zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt wird, solle nicht nach 15 Jahren wieder auf freien Fuss gesetzt werden. Der Entscheid im Nationalrat fiel mit 110 zu 60 Stimmen – gegen den Willen der SP-Fraktion und der Fraktion der Grünen. Die Motion verlangt weiter, dass die ausserordentliche bedingte Entlassung generell abgeschafft wird.
Zertifikatspflicht light im Bundeshaus: Der Ständerat hat mit 36 zu 6 Stimmen der Zertifikatspflicht für den Zutritt ins Parlamentsgebäude zugestimmt. Eine gewichtige Ausnahme soll es allerdings geben: Wer kein Zertifikat hat, soll auch mit Schutzmaske Zutritt zum Gebäude kriegen. Die Staatspolitischen Kommissionen hatten nach einem medialen Aufschrei eine Vorlage für die parlamentarische Zertifikatspflicht ausgearbeitet. Der Ständerat hat nun die beschriebene Ausnahme dazugefügt. Die Vorlage geht jetzt in den Nationalrat.
SVP und SP wollen «Lex Koller» verschärfen: Eigentlich wollte der Bundesrat die «Lex Koller» verschärfen: So sollte zum Beispiel der Kauf von Firmengrundstücken unter das Gesetz fallen. Oder Ausländer aus Drittstaaten sollten für den Kauf einer Wohnung in der Schweiz eine Bewilligung benötigen. In der Vernehmlassung kamen die Vorschläge schlecht an. Der Bundesrat verzichtete auf die Revision. Der Nationalrat will aber nun, dass die Regierung doch noch eine Vorlage ausarbeitet. Klar ist: SVP und Linke wollen ein schärferes Gesetz. Denn ausländische Investitionen in Schweizer Immobilien würden die Kaufpreise und Mieten für Einheimische erhöhen.
Kampagne gegen Cybermobbing: Nach dem National- will auch der Ständerat eine nationale Social-Media-Kampagne gegen Mobbing und Cybermobbing bei Kindern und Jugendlichen lancieren. Er hat eine entsprechende Motion von Yvonne Feri (SP/AG) angenommen. Die Schweiz besetze in Sachen Mobbing in Europa einen unrühmlichen Spitzenplatz. Der Bundesrat will die Kampagne im Rahmen seiner nationalen Plattform «Jugend und Medien» umsetzen – ohne zusätzliche Ressourcen.
Entscheid zu Kohäsionsmilliarde kommt: Der Nationalrat will die Zahlung der Kohäsionsmilliarde an EU-Staaten noch am Donnerstag oder Freitag diese Woche beraten und unter Dach und Fach bringen. Der Rat hat einem entsprechenden Ordnungsantrag zugestimmt. Nach dem Ständerat am Donnerstagvormittag wird der Nationalrat am Donnerstagabend in einer Open-End-Debatte über die Kohäsionsmilliarde entscheiden. Die grosse Kammer hiess einen Ordnungsantrag mit 93 zu 88 Stimmen bei 4 Enthaltungen gut. Eigentlich hätte das Geschäft erst in der Wintersession in den Nationalrat kommen sollen.
Gratistests nicht mehr an Herbstsession traktandiert: Ab 11. Oktober sollen die Gratistests, die zu einem Covid-Zertifikat berechtigen, Geschichte sein. So will es der Bundesrat. Eine unheilige Allianz aus Grünen, SP und SVP im Parlament opponierte in den letzten Tagen dagegen. Heute nun fand die Gesundheitskommission des Nationalrats zusammen – und entschied, es bei einer Stellungnahme an den Bundesrat zu belassen, die Gratistests beizubehalten. Die Pläne, den Bundesrat in einem dringlichen Eilverfahren zum Umschwenken zu zwingen, scheiterten aber.
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi versuchte im Nationalrat, mit einer neu eingereichten Motion für die Beibehaltung der Gratistests dagegen zu halten. Per Ordnungsantrag sollte sie noch während der letzten Sessionswoche behandelt werden. Der Ordnungsantrag wurde deutlich mit 67 gegen 103 Stimmen bei 11 Enthaltungen abgelehnt. Ungeimpfte müssen also weiter bangen: So entscheidet sich am Freitag nach der wöchentlichen Bundesratssitzung, ob die Gratistests definitiv aufgehoben werden.
Gesamtbundesrat kommentiert Maurers Trychler-Auftritt nicht: Ueli Maurers umstrittener Auftritt im Hemd der «Freiheitstrychler» und eine nachfolgende Rede, in der er seinen Unmut über die Corona-Politik des Bundesrats durchblicken liess, gab auch im Nationalrat zu reden. In der Fragestunde forderte die Ratslinke Antworten vom Bundesrat auf das Ausscheren des Finanzministers bei einem SVP-Anlass in Wald/ZH am 12. September.
Die Fragen der beiden SP-Nationalräte Roger Nordmann und Nadine Masshardt waren allerdings eher rhetorischer Natur und wurden von Bundespräsident Guy Parmelin nur allgemein beantwortet: Dieser beliess es bei Ausführungen über das Kollegialitätsprinzip und die verfassungsmässigen Kompetenzen des Bundesrats.
Nichtsdestotrotz: Unter der Bundeshauskuppel ging die Temperatur kurzzeitig hoch. Ueli Maurers Rolle in der Pandemie-Bewältigung dürfte die Politik auch im anstehenden Abstimmungskampf zum Covid-Gesetz noch beschäftigen.
Die Entscheide vom Donnerstag, 23. September
Flugticketabgabe chancenlos: Vor gut drei Monaten scheiterte das CO2-Gesetz an der Urne. Ein umstrittener Punkt darin war die Einführung einer Flugticketabgabe. Nun hat der Nationalrat eine ganze Reihe von Standesinitiativen beraten, die eine Flugticketabgabe oder eine Besteuerung des Flugverkehrs forderten. Sie wurden allesamt abgelehnt.
Den Verlauf der Debatte können Sie hier nachlesen.
Höhere Steuerabzüge für Kinder: Für externe Betreuungskosten von Kindern sollen Eltern künftig bei der direkten Bundessteuer bis zu 25'000 Franken satt wie heute 10'100 Franken in Abzug bringen können. Das Parlament hat die entsprechende Vorlage bereinigt. Das führt beim Bund zu Ausfällen von jährlich rund 10 Millionen Franken.
Gentechmoratorium bleibt in Kraft: Der Nationalrat hat sich für eine Verlängerung des Gentechmoratoriums ausgesprochen. So soll in der Landwirtschaft für weitere vier Jahre verboten bleiben, gentechnisch veränderte Organismen anzubauen. Das Verbot gilt auch für neue gentechnische Verfahren. Der Anbau für Forschungszwecke ist ausgenommen. Nun muss ich der Ständerat mit der Verlängerung befassen.
Lesen Sie hier den Artikel zur Debatte im Nationalrat.
Armeebotschaft unbestritten: Die Armee erhält in den kommenden Jahren 2.3 Milliarden Franken für verschiedene Anschaffungen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat der Armeebotschaft 2021 zugestimmt, ohne Gegenstimme. Das Geld wird unter anderem für neue Kommunikationssysteme eingesetzt. Zudem werden die in den 90er-Jahren angeschafften Schutzanzüge gegen atomare, biologische und chemische Kampfmittel für die Armeeangehörigen ersetzt.
Die Entscheide vom Mittwoch, 22. September
Neue Lösung im Fall eines Erdbebens: Nach dem Ständerat hat sich auch der Nationalrat für die Einführung einer schweizweiten Erdbebenversicherung ausgesprochen – mit 108 zu 76 Stimmen bei 4 Enthaltungen. Im Zentrum steht eine Lösung mit einer Eventualverpflichtung für Hauseigentümerinnen und -eigentümer. Diese Lösung hatte die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats (Urek-S) vorgeschlagen. Nach dem Ja beider Räte zu einem entsprechenden Vorstoss ist nun der Bundesrat am Zug.
Mehr Geld für Schutz der EU-Aussengrenzen: Der Nationalrat hat einem stärkeren Engagement der Schweiz im europäischen Frontex-Programm zugestimmt. Wie der Ständerat hat er den höheren Beitrag der Schweiz von neu 61 statt 14 Millionen Franken pro Jahr gutgeheissen. Die Verknüpfung der Vorlage mit einer Erhöhung der Aufnahme von sogenannten Resettelment-Flüchtlingen, wie sie die SP forderte, lehnte eine Mitte-Rechts-Mehrheit in der grossen Kammer ab. Parallel zum Frontex-Ausbau werden aber die Rechtsmittel der Asylsuchenden gestärkt und die Unterstützung bei Beschwerdeverfahren ausgeweitet.
Ermittler dürfen DNA auswerten: Ermittler sollen in Kriminalfällen die an einem Tatort gefundene DNA eines mutmasslichen Täters besser nutzen können. Wie der Nationalrat hat auch der Ständerat der Phänotypisierung zugestimmt. Damit kann aus DNA etwa die Haar- und Augenfarbe oder das Alter einer Person bestimmt werden. Zudem wird die Suche nach Verwandtschaftsbezügen auf eine Gesetzesgrundlage gestellt. Der Ständerat definierte im Unterschied zum Nationlarat aber einen Katalog von Delikten, bei denen die neue Methode angewandt werden darf. Das Geschäft geht deshalb zurück an den Nationalrat.
Den Debattebericht finden Sie hier.
Mehrsprachigkeit in den Kammern: In National- und Ständerat wurde heute verschiedentlich in anderen Spachen als der Muttersprache ins Mikrofon gesprochen. So begründete etwa die Aargauerin Nationalrätin Maja Riniker die Positionen ihrer FDP-Fraktion zum Teil auf Rumantsch.
Ziel des Tages der Mehrsprachigkeit ist es, «den Austausch und das Verständnis zwischen den verschiedenen Sprachgemeinschaften zu fördern». Am 23. September bieten die Parlamentsdienste für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier deshalb auch eine «Schnellbleiche» in die rätoromanische Sprache und Kultur an.
Tabakproduktegesetz bereinigt: Der Tabakkonsum soll in der Schweiz weiter reduziert werden. National- und Ständerat haben sich auf eine Verschärfung der entsprechenden Vorschriften verständigt. Die Werbung für Tabakprodukte wird eingeschränkt – im Kino oder auf öffentlichem Grund ist sie neu schweizweit verboten. Zuletzt war noch umstritten, ob Mentholzigaretten ganz verboten werden sollen – darauf hat das Parlament nun verzichtet. Mit den Verschärfungen sollten die Anliegen der Volksinitiative «zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» aufgenommen werden. Die Urheber der Tabakwerbeverbotsinitiative sprechen von einer «Alibiübung». Über die Initiative wird voraussichtlich im nächsten Jahr abgestimmt.
Paradigmenwechsel bei Organspenden: Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, muss dies künftig explizit festhalten. Angehörige sollen aber eine Organspende ablehnen können. Der Nationalrat hat die letzten Details der erweiterten Widerspruchslösung geklärt. Damit ist der indirekte Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» bereit für die Schlussabstimmung. Die Volksinitiative empfehlen Bundesrat und Parlament zur Ablehnung. Es ist wahrscheinlich, dass es zu keinem Urnengang kommt, weil die Initiative zurückgezogen werden dürfte.
Die Entscheide vom Dienstag, 21. September
Regeln für Flugreisen von Parlamentariern: Der Nationalrat will neue Regeln zur Verwendung der Verkehrsmittel für Reisen von Parlamentsmitgliedern. Nur wenn die Zugreise länger als sechs Stunden dauert oder wenn wegen der Zugfahrt eine zusätzliche Übernachtung notwendig ist, soll ein Flugticket bezahlt werden. Die grosse Kammer hat einer entsprechenden Vorlage mit 114 zu 64 Stimmen bei 5 Enthaltungen zugestimmt. Die SVP- und ein Teil der FDP-Fraktion waren dagegen. Welche Städte mit dem Zug erreicht werden müssten, sehen Sie hier.
Ständerat gegen Einkaufstourismus: Der Ständerat hat drei Vorstösse angenommen, die den Einkaufstourismus weniger attraktiv machen wollen. Gezielt wird bei allen auf die Mehrwertsteuer. So verlangt eine Motion der Finanzkommission des Nationalrats, die Wertfreigrenze für Einkäufe im Ausland von derzeit 300 Franken neu tiefer anzusetzen.
Damit würde die schweizerische Mehrwertsteuer auch bei tieferen Beträgen fällig. Folge gab der Ständerat auch zwei Standesinitiativen aus den Kantonen Thurgau und St. Gallen. Diese verlangen gar, dass bei allen privaten Einkäufen die Schweizer Mehrwertsteuer bezahlt werden muss, sofern die ausländische Mehrwertsteuer zurückgefordert wurde.
Der Nationalrat hat den Vorstössen bereits zugestimmt. Der Bundesrat lehnt die Anliegen ab, muss sie nun aber umsetzen.
Ständerat gegen Eigenmietwert: Die Besteuerung des Eigenmietwerts soll auf Bundes- und Kantonsebene abgeschafft werden. Selbstbewohnte Zweitliegenschaften sollen hingegen sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene wie bisher versteuert werden, ebenso die Einnahmen aus vermieteten und verpachteten Immobilien. Der Ständerat hat einer entsprechenden Vorlage als Erstrat mit 20 zu 17 Stimmen bei 2 Enthaltungen zugestimmt. Das Vorhaben ist bereits zweimal an der Urne gescheitert. Weshalb, lesen Sie hier.
Reform der Bundesanwaltschaft: Die Bundesanwaltschaft und ihre Aufsicht sollen mit einer Gesetzesrevision reformiert werden. Dieser Meinung ist nach dem Ständerat auch der Nationalrat. Er hat eine entsprechende Motion gutgeheissen – mit 128 zu 45 Stimmen bei einer Enthaltung. Nun kann sich der Bundesrat an die Arbeit machen. Konkret soll die Regierung eine Reform der Rechtsgrundlagen der Bundesanwaltschaft (BA) und ihrer Aufsicht (AB-BA) vorlegen.
Die Entscheide vom Montag, 20. September
Differenzen bei Tabakproduktegesetz: Das Parlament hält nichts von einem totalen Verbot von Tabakwerbung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen. Nach dem Nationalrat empfiehlt auch der Ständerat der Tabakwerbeverbotsinitiative zur Ablehnung – mit 27 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung. Die Mehrheit war der Ansicht, dass mit der Revision des Tabakproduktegesetzes ein guter Kompromiss in Sichtweite sei und die wichtigsten Anliegen der Initianten damit aufgenommen würden.
Die Gesetzesrevision befindet sich in der Differenzbereinigung. So ist der Nationalrat zum Beispiel für ein Verbot von Mentholzigaretten, was der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller «absurd» findet, wie er sagt.
Ja zum Transplantationsgesetz: Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, soll dies künftig explizit festhalten müssen. Angehörige sollen aber eine Art Vetorecht behalten und eine Organspende ablehnen können. Der Ständerat hat dieser erweiterten Widerspruchslösung zugestimmt. Mit 31 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung hat er sich für den indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Organspende fördern – Leben retten» ausgesprochen.
Die Volksinitiative selbst empfahl der Ständerat einstimmig zur Ablehnung. Das Geschäft geht nun zurück an den Nationalrat. Weil auch er diesem Modell bereits zugestimmt hat, dürfte es in dieser Session noch definitiv verabschiedet werden. Und man geht davon aus, dass die Initiantinnen und Initianten ihr Volksbegehren dann zurückziehen.
Lesen Sie den hier den Debattenbericht dazu.
Definitiver Entscheid zu Sibel Arslan: Die Immunität von Sibel Arslan wird nicht aufgehoben. Somit kann die Basler Staatsanwaltschaft nicht wegen der Teilnahme an einer Frauendemo letztes Jahr gegen die Grüne Nationalrätin ermitteln. Bereits vor knapp zwei Wochen hat die Immunitätskommission des Nationalrats den Antrag abgelehnt.
Jetzt folgt auch die zuständige Kommission des Ständerates, wie deren Sekretariat mitteilte. Wie schon die nationalrätliche Kommission entschied diese nach Prüfung der Sachlage, dass die Handlungen, die Arslan vorgeworfen werden – sofern sie überhaupt strafrechtlich relevant seien – nicht die Tragweite und den Schweregrad aufwiesen, die es rechtfertigen würden, die Immunität aufzuheben. Damit ist der Entscheid endgültig: Gegen Arslan darf nicht ermittelt werden.
Fragestunde im Nationalrat: Justizministerin Karin Keller-Sutter gab in der grossen Kammer Auskunft, wie viele Menschen die Schweiz nach der Machtübernahme der Taliban aus Afghanistan evakuiert hat. 387 Personen seien bis am 27. August in die Schweiz in Sicherheit gebracht worden. An dem Tag habe das EDA die Evakuierungsaktion beendet. «Seither ist die Möglichkeit, Personen auszufliegen, sehr eingeschränkt», so Keller-Sutter. Die Schweiz verfüge über keine offizielle Vertretung mehr in Kabul. Das Kooperationsbüro der Deza sei geschlossen.
Bei 34 Personen handelte es sich demnach um Schweizer Staatsangehörige, bei 39 um ausländische Personen mit gültiger Aufenthalts- oder Niederlassungsbewilligung, und bei zwei Personen um vorläufig Aufgenommene. 219 Personen waren lokale Mitarbeitende der Deza und deren enge Familienangehörige, wie die Bundesrätin erklärte. Eine Sicherheitsüberprüfung sei bei ihnen durchgeführt worden. «Es wurden keine sicherheitsrelevanten Feststellungen gemacht.»
Die Entscheide vom Donnerstag, 16. September
Nein zu Lohndeckel: Der Ständerat will den bundesnahen Betrieben wie SBB, Ruag und Swisscom keinen Maximallohn von einer Million Franken für ihre obersten Kader vorschreiben. Die vorhandenen Instrumente zur Verhinderung von Lohnexzessen genügen aus Sicht der Ratsmehrheit.
Der Ständerat lehnte die vom Nationalrat im März deutlich angenommene Vorlage mit 19 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung ab. Die parlamentarischen Initiative, die SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer angestossen hatte, geht nun zurück in die grosse Kammer.
Verkauf der Munitionssparte: Der Ständerat will den geplanten Verkauf der Ruag Ammotec nicht stoppen. Er lehnte eine entsprechende Motion aus der SVP-Fraktion ab. Es stünden nicht nur Arbeitsplätze auf dem Spiel, sondern auch die sichere Versorgung mit Munition, hiess es in dem Vorstoss von Werner Salzmann (SVP/BE). Dieser ist nun vom Tisch.
Schweizer Filmförderung: Streaminganbieter wie Netflix, Amazon oder Disney müssen künftig 4 Prozent ihres Schweizer Umsatzes in Schweizer Filmproduktionen investieren. Der Nationalrat ist damit dem Vorschlag von Bundes- und Ständerat gefolgt. Wollen die Anbieter keine Investitionen tätigen, können sie als Alternative eine Abgabe an das Bundesamt für Kultur bezahlen. In der ersten Beratungsrunde wollte der Nationalrat noch 1 Prozent, der Ständerat verlangte dann jedoch analog zum Bundesrat 4 Prozent. Einige Jungparteien drohen bereits mit dem Referendum. Sie befürchten, dass Netflix die 4 Prozent an die Abonnenten überwälzt, das treffe vor allem die Jungen.
Konsum von Raucherwaren: Das Tabakproduktegesetz ist auf der Zielgeraden. Nach je zwei Beratungsrunden haben sich die Räte in den Kernpunkten gefunden. Die neuen Vorschriften, unter anderem im Bereich des Jugendschutzes, zielen darauf ab, Massnahmen zur Verringerung des Konsums von Tabakprodukten zu ergreifen, unabhängig davon, ob diese geraucht, erhitzt, geschnupft oder eingenommen werden. Bis zum Ende der Session soll die Vorlage bereinigt sein. Für die Urheber der Tabakwerbeverbotsinitiative geht die Revision zu wenig weit. Deshalb wird das Volk das letzte Wort haben.
Die Entscheide vom Mittwoch, 15. September
Geldstrafen für Raser: Wer ein Raserdelikt begeht, muss künftig nicht mehr zwingend eine Freiheitsstrafe absitzen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat die Mindeststrafe aufgehoben. Damit dürfen Raser wieder mit reinen Geldstrafen sanktioniert werden. Der Entscheid fiel mit 33 zu 7 Stimmen bei einer Enthaltung. Damit werde «ein Missgriff» der «Via sicura»-Vorlage rückgängig gemacht, hiess es zur Begründung in der kleinen Kammer. Mehr Ermessensspielraum für Richter sei nötig.
Der Raserartikel, der 2013 in Kraft trat, war vor allem von bürgerlichen Kreisen kritisiert worden. Die grosse Kammer hob in der Sommersession bereits die Mindestgrenze von einem Jahr Gefängnis auf und wollte auch wieder Geldstrafen ermöglichen. Dem folgte nun auch der Ständerat.
Gegenvorschlag zu Waffenexporten: Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat überraschend die Ausnahmeklausel für den Bundesrat bei der Bewilligung von Waffenexporten gestrichen. Die Räte erfüllen damit die Forderungen der Urheber der Korrekturinitiative weitgehend.
Diese ziehen ihr Volksbegehren nun zurück, wie die Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer mitteilt. Heute sei ein grosser Tag für eine glaubwürdige Schweizer Friedenspolitik: «Da der Gegenvorschlag einen guten Kompromiss darstellt, sieht die Allianz von einer Volksabstimmung ab und zieht die Korrekturinitiative zurück.»
Gegen Hochpreisinsel: Die Schweiz schafft sämtliche Zölle auf Industrieprodukten ab. Das hat nach dem Ständerat auch der Nationalrat beschlossen – gegen die Stimmen von SP und Grünen sowie gegen eine Minderheit der Mitte-Fraktion. Es handle sich um eine Massnahme zum Nutzen von Konsumentinnen und Konsumenten, sagten die Befürworterinnen und Befürworter. Der Wegfall der Industriezölle kostet den Bund jährlich geschätzte 500 Millionen Franken. Im Gegenzug werden importierte Produkte oder Teile davon billiger. Nicht betroffen von der Abschaffung sind die Zölle auf Landwirtschaftsprodukten.
Zwangstest bei Ausschaffung: Abgewiesene Asylsuchende sollen künftig zu einem Covid-Test gezwungen werden können, wenn dieser für die Ausschaffung verlangt wird. Diesem Vorschlag des Bundesrats hat das Parlament zugestimmt. Trotz Kritik von Hilfswerken hielt der Bundesrat an diesem Vorgehen fest. Nun folgte der Ständerat dem Nationalrat und stimmte mit 31 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung zu.
Zugriff auf Handydaten: Der Bund erhält künftig das Recht, Handys, Tablets und andere elektronische Datenträger von Asylsuchenden auszuwerten. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer entsprechenden Vorlage des Zürcher SVP-Nationalrats Gregor Rutz zugestimmt. Er nahm die Änderungen des Asylgesetzes mit 30 zu 12 Stimmen an. Das Geschäft ist bereit für die Schlussabstimmung.
Die Entscheide vom Dienstag, 14. September
Zulagen für betroffene Jahrgänge: Der Ständerat will im Vergleich zum Nationalrat mehr Frauen unterstützen, die nach dem Inkrafttreten der AHV-Reform von der Erhöhung des Rentenalters auf 65 Jahre betroffen sind. Mit 27 zu 15 Stimmen entschied sich die kleine Kammer für den Vorschlag der Mehrheit der Sozialkommission. Nun befasst sich wieder der Nationalrat mit dem Ausgleich. Geeinigt haben sich die Räte indes auf eine Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes um 0.4 Prozentpunkte.
Zwangstest bei Ausschaffung: Personen, die die Schweiz verlassen müssen, sollen künftig zu einem Covid-Test gezwungen werden können. Das hat der Nationalrat beschlossen – gegen die Stimmen von Linken und Grünen. Sie kritisierten, dies sei ein unverhältnismässiger Eingriff in die körperliche Unversehrtheit. Viele Staaten und Fluggesellschaften würden nur weggewiesene Personen akzeptieren, wenn diese negativ getestet seien, argumentierte Bundesrätin Karin Keller-Sutter. Viele würden den Test aber verweigern. Nun ist der Ständerat am Zug.
Bundesanwälte länger im Amt: Die Altersgrenze für Bundesanwältinnen und Bundesanwälte soll per Anfang 2022 auf 68 Jahre erhöht werden. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat der Erhöhung zugestimmt. Heute müssen Bundesanwälte und -anwältinnen und ihre Stellvertreter am Ende des 64. respektive 65. Altersjahrs aus dem Amt ausscheiden.
Am Mittwoch der letzten Sessionswoche wählt das Plenum einen Nachfolger für den ausgeschiedenen Bundesanwalt Michael Lauber. Die Gerichtskommission empfiehlt Stefan Blättler. Er ist 62 Jahre alt.
Mehr Zeit für Adoptivkinder: Personen, die ein weniger als vier Jahre altes Kind adoptieren, haben Anspruch auf einen bezahlten Urlaub von zwei Wochen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine entsprechende Vorlage gutgeheissen. Verschiedene Kantone kennen schon heute einen Adoptionsurlaub. Nun gibt es eine nationale Lösung.
Kohäsionsmilliarde an die EU: Es ist weiterhin unwahrscheinlich, dass das Parlament bereits in der laufenden Herbstsession abschliessend über die Freigabe der EU-Kohäsionsmilliarde entscheiden wird. Der Ständerat hat einen Ordnungsantrag von Ständerat Carlo Sommaruga (SP/GE), die Beratung des Geschäfts in die erste oder zweite Sessionswoche vorzuziehen, mit 30 zu 14 Stimmen abgelehnt. Somit ist klar, dass die kleine Kammer das Geschäft am 30. September behandeln wird.
Der Nationalrat wird am selben Nachmittag über die Freigabe debattieren. Zu einem Abschluss in der laufenden Session kommt es aber nur dann, wenn es zwischen den beiden Kammern keine Differenzen gibt.
Die Entscheide vom Montag, 13. September
Weg hin zur Energiewende: Wie der Nationalrat will auch der Ständerat neue Windenergie-, Kleinwasserkraft-, Biogas-, Geothermie- und Fotovoltaikanlagen ab 2023 mit einmaligen Investitionsbeiträgen fördern. Er nahm die Vorlage ohne Gegenstimme an und folgte im Wesentlichen dem Nationalrat. Die von Nationalrat Bastien Girod (Grüne/ZH) angestossene Vorlage bringt eine Übergangslösung und ist bis Ende 2030 befristet. Denn Biogas, Kleinwasserkraft, Wind und Geothermie wurden bisher hauptsächlich mit der kostenorientierten Einspeisevergütung (KEV) unterstützt. Die KEV läuft Ende 2022 aus.
Die Vorlage soll verhindern, dass danach eine Lücke bei den Förderinstrumenten entsteht. Einige Einzelheiten sind noch nicht geregelt; die Vorlage geht deshalb zurück an den Nationalrat.
Änderung im Luftfahrtgesetz: Das Parlament will mit unangekündigten Alkoholkontrollen beim Flugzeugpersonal die Sicherheit der Passagiere erhöhen. Heute sind solche Kontrollen nur auf Verdacht hin möglich. Umstritten war im Ständerat die Einführung eines Melderechts für Ärzte. Diese sollen Informationen über mögliche akute psychische oder körperliche Erkrankungen beim Flugpersonal künftig ans Bundesamt für Zivilluftfahrt weiterleiten können, ohne sich vom Berufsgeheimnis entbinden lassen zu müssen. Der Ständerat stimmte mit 31 zu 11 Stimmen für das Melderecht. Weil der Nationalrat dieses im Sommer aus der Vorlage gestrichen hat, muss er noch einmal darüber befinden.
Umstrittene Waffenexporte: Wer bestimmt, in welche Staaten Kriegsmaterial exportiert werden darf? Der Nationalrat hat die Herbstsession mit der Debatte über die Volksinitiative «Gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer (Korrekturinitiative)» eröffnet.
Er hat die Debatte nach vier Stunden beendet, aber noch nicht abgeschlossen. Umstritten ist der Gegenvorschlag des Bundesrates, der bestimmte Ausnahmen vorsieht. Der Ständerat hatte die Ausnahmen gestrichen, die vorberatende Kommission des Nationalrats empfiehlt einen Kompromiss. Abgestimmt wird voraussichtlich am Mittwoch.
Jahresziele des Bundesrats: 2022 ist die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie für den Bundesrat ein vordringliches Ziel. Das sagte Bundespräsident Guy Parmelin zu den Jahreszielen des Bundesrats. Drei Ziele seien im Fokus: die Erhaltung des Wohlstands, der nationale Zusammenhalt und die Sicherheit. Unter diesen Gesichtspunkten stehe die ganze Jahresplanung des Bundesrats, erklärte er im Nationalrat.
Insgesamt wird sich die Landesregierung im nächsten Jahr 120 Projekte vornehmen. Finanziell sei das Ziel, keine neuen Schulden zu machen. Für das ganze 2022 ist und bleibt laut Parmelin die Bewältigung der Pandemie wichtig. Vorgesehen ist zudem eine Botschaft zum Generationenverhältnis und ein Vorschlag zur Drosselung der Gesundheitskosten. Ebenfalls auf der Liste steht die Kohäsionsmilliarde.
Zertifikatspflicht in den Räten: Im Büro des Nationalratspräsidenten Andreas Aebi war die Einführung der Zertifikatspflicht Thema, wie er zu Beginn der Session erklärte. Eine solche gilt nämlich seit heute im Restaurant und im Café im Bundeshaus, aber nicht in den Ratssälen.
«Aus epidemiologischer Sicht und aufgrund unserer Vorbildfunktion befürwortet das Büro eine Zertifikatspflicht», so Aebi. Aber es fehle die Rechtsgrundlage. Deshalb habe sein Büro den sicherheitspolitischen Kommissionen (SPK) den Antrag gestellt, mittels Kommissionsinitiative die Rechtsgrundlage für eine Zertifikatspflicht im Parlamentsgebäude vorzubereiten, damit sie «baldmöglichst» eingeführt werden kann.